Die Gastwirtschaft Karbach
Über sieben Generationen befand sich die Gastwirtschaft im Besitz der Familie.
Der folgende Stammbaum findet sich in dem Hausbuch, von dem noch die Rede sein wird, aufgeschrieben. Die folgenden Personen waren Besitzer und Betreiber der Gastwirtschaft Karbach. · Thomas Heinzen * um 1730 - ?
· David Boos * 1755 - + 1829, aus Hasselbach
· Heinrich Peter Boos *1797 - + 1863
· Georg Peter Boos *1826 - + 1895
· Friedrich Karbach *1857 - + 1934, aus Uhler
· Fritz Karbach * 1892 - + 1966
· Helmut Karbach *1922 - + 1974
· Inge und Lina Karbach - 1992 Im Jahr 1992 wurde die Gastwirtschaft an H.Schneider aus Büchenbeuren und das Ehepaar Gohlke-Jaenke aus Essen verkauft! Der erste namentlich bekannte Land- und Gastwirt hieß Thomas Heinzen. Hier liegt auch der Ursprung des Hausnamens „Heinze“, der später - unter Friedrich Karbach - zu „Heinze Karbachs“ erweitert wurde, bis zum Schluß nur noch „Karbachs“ übrig blieb. Die Tochter von Thomas Heinzen, Juliana Maria (*1757) heiratete David Boos aus Hasselbach, welcher den Betrieb übernahm. Deren Sohn Heinrich Peter Boos hatte 12 Kinder, von denen 7 am Leben blieben. Für einen der Söhne wurde neben der Wirtschaft ein neues Haus gebaut - mit Stall und Scheune, das zuerst den Hausnamen „Neu-Heinze“ trug und später „Heinze-Davids“ nach dem Vornamen des Besitzers. Heinrich Peter Boos führte ein Hausbuch, welches heute noch im Besitz von Frau Lina Karbach ist. Neben Notizen und Daten über die eigene Familie hat er in diesem Buch vermerkt, wer ihm den „Schobben“ Wein, das „Quart“ Branntwein und die Zehrung schuldig blieb. Oft finden sich neben den rein geschäftlichen Angaben interessante Daten wie z.B. Anlaß und Hintergründe für den Verzehr. Die folgenden Angaben sind aus diesem Buch entnommen, und so wiedergegeben, wie sie dort aufgeschrieben sind: Im Jahr 1837, den 5ten, 6ten und 7ten Apriel fühl in den dreyen Tagen so viel Schnee, so daß man zur Wald, Kraben oder zur Feld weißen anzusehen war auf manchen Plätzen und blieb liegen bis den 16ten, des nachts pfang es wiederum an und gab den anderen Tag als den 17ten so durcheinander Schnee, daß man geglaubt hätte der alten Frau Spirlenlühs würde die Herrschaft wieder in Hände gegeben sein und ihr kindern würden mit Rock und Kamisol verreisen. 1842 den 11ten Okt. Hat Heinrich Weber ein Quard Branndwein holen lassen wie das kleinst Kind gestorben ist. Macht 8 groschen .
13ten Okt. Wie er begraben worden ist, wieder ein Quart Branntwein - 8 gr.
15ten Okt. Wie Weber dem zweiten Sohn gestorben, wieder ein Quart Branndwein
16ten Okt wie er begraben worden ist,wieder ein Quart Branndwein holen lassen - 8 gr. 1843 am 30ten Januar hat Peter Bonni ein Schnäbchen - 6 Pf.
13. März hat Peter Bonni selbst ein Schoben Wein geholt für seine Kuh, die krank war. - 2 gr.
14. März hat seine Frau ein Schoben Wein - 2 gr.
15. März hat seine Frau ein Schoben Wein - 2 gr.
16. März hat Bonni seine Tochter ein Schoben Wein geholt, ebenfalls für die Kuh - 2 gr. 1843 den 17. Dez. hat Heinrich Weber nach dem Peter Wendling seiner Versteigerung ein Schoben Wein - macht 2 gr.
27. Januar hat Heinrich Weber nach des Johann Münch Versteigerung 2 Schoben Wein, macht 4 gr. 1844 den 17ten Juni hat Weber drey Schnäbschen und ein Großen, wie der Bender den Streit hat mit dem Mühler, macht 2gr. 6 Pf. 1844 im Monat April habe ich dem Weber ein Berliener Thaler Baar gelehnet. 20ten Oktober dem Bender Baar gelehnet für Hülig und Handgeld - 2 Thaler
den nämlichen Dato vier Quart Wein abgeholt - 24 gr. 1844 den 12ten Nov. Hat Bender ein und einhalb Quart Brandwein abgeholt, wie er seine Braut gewandert hat - macht 8 gr. 1846 14ten May ist Bender bei dem Protokoll zu verhandeln schuldig geblieben drey Quart Wein - macht 18 gr.
Den nehmlichen dato drey Schnäbchen - macht 1 gr. 6 Pf.
13ten Sept. ist Bender ein Glas Brandwein schuldig geblieben wie seine Frau ihn so
geschenntt hat hindig meiner Schouer - 6Pf.
19ten Okt. Ist Bender an Brandwein schuldig geblieben durch den Geise-Handel und
Dem Gräf seine Schweine. Da Bender die Geis dem Schuhllehrer wieder zurück gegeben hat mithin ist auch dem Bender den ganzen Weinkauf - 1 gr. 3 Pf.
21. Dez. habe ich dem Peter Bender 1 Thaler gelehnet wie er mich belog hat er ging uff Mains. 1855 den 20ten Febr. Ist der Pastor von Leffelschied auf die Negel Schuldig geblieben 2 gr. Dann hat derselbe ein Pfund Brod sich geben lassen - 1 gr. 3 Pf
dann hat derselbe 2 Schnäbchen macht aus 1 gr. 2 Pf; Schlafgeld 1 gr. Hier ist nur eine kleine Auswahl der Eintragungen, die am interessantesten erschienen, aufgeführt! Das Gasthaus mit dem Hausnamen „Heinze“ war für damalige Verhältnisse geräumig. (es existieren Bilder, Federzeichnungen und Postkarten des alten Gasthauses). Im unteren Stockwerk lag links vom Eingang die „Weertsstuh“, dahinter die „Wohnstuh“. Rechts vom Eingang war die Küche. Im Obergeschoß befand sich über der Küche ein Fremdenzimmer - die sogenannte „Schmiddestuh“ (es wird angenommen, daß sich darunter - wo später die Küche war - einmal eine Schmiede befand). Über der Weertsstuh war die „Oushaltsstuh“ - das größte Zimmer im Haus. Dahinter lagen die Schlafzimmer für die übrige Familie und das Gesinde. Ebenfalls auf der oberen Etage, und zwar nach hinten zum Hof über dem „Fremdenstall“, war der Saal, zum Teil auf Pfeilern gebaut (über dem Eingang zum „Fremdenstall).Vom Hof aus gab es einen Zugang zum Fremdenstall. Dort übernachtete häufig fahrendes Volk, Bärenführer mit ihren Tanzbären; einmal auch ein Mann, der mit seinem Kamel über die Dörfer zog. Die Weertsstuh war wie folgt eingerichtet: Es gab eine kleine Theke, einen Eckschrank für Gläser und die „Viertelkkrüge“. An der Wand war ein Zapfenbrett für die Henkelgläser. Zur Einrichtung gehörte ein Sofa, eine Eckbank, Tische, ein Ofen und ein Klavier. In der Mitte des Raumes befand sich ein Stützpfeiler, der später beim Scheunenanbau Verwendung fand. An den Fenstern waren Vorhänge, die sich durch einen Zug auf Holzrollen aufwickeln ließen. An einer Wand hing ein Bild der Königin Luise mit folgender Unterschrift: „Wer nie sein Brot mit Tränen aß und nie die kummervollen Nächte auf seinem Bette weinend saß, der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte“. (Dieses Bild hing im neuen Haus auf dem Speicher und ist seit dem Umzug der Familie nicht mehr auffindbar.) Seinen Wein bezog der jeweilige Wirt direkt vom Winzer, hauptsächlich von der Mosel. Er fuhr mit Pferd und Wagen an die Mosel und brachte den Wein in Holzfässern nach Hause, die im Keller des Wirtshauses gelagert wurden Veranstaltungen, die regelmäßig im alten Wirtshaus stattfanden, waren: Tanzveranstaltungen „Musik“ an den 2. Feiertagen (Ostern und Weihnachten)Pfingsten war keine „Musik“ wegen der Kastellauner Kirmes, zu der die Beller Dorfjugend ging. Zum Tanz spielten auf Musikanten aus Schnellbach (z.B. die Brüder Adrat) und aus Sevenich. An Erntedankfest wurde auch Tanzmusik abgehalten. Landversteigerungen: Bei diesen Landversteigerungen wurde sehr viel Umsatz gemacht. Der Versteigerer spendierte schon vor Beginn der Versteigerung, bevor der Notar eintraf, ordentlich Branntwein und Wein, damit die Bieter nicht kleinlich waren beim Bieten für das „aufgesteckte“ Stück Land. Versteigerungen waren große Ereignisse für die männliche Bevölkerung des Dorfes. Holzversteigerungen wurden ebenfalls in der Gastwirtschaft durchgeführt. Nachdem Lage und Nummern der zu versteigernden Holzstöße bekanntgegeben worden waren, besichtigten die Bauern das Holz, um Qualität und günstige Abfuhrmöglichkeit zu überprüfen. Anschließend fand zu einem festgesetzten Termin die Versteigerung statt. Zu Versteigerungen kamen auch Menschen aus anderen Dörfern. Versammlungen verschiedener Vereine (Kriegerverein, Bauernverein usw.). Im Jahr 1932 ließ Fritz Karbach, der damalige Besitzer das alte Gebäude abreißen und baute ein neues. Um einen größeren Saal bauen zu können, kaufte er von der evangelischen Kirchengemeinde ein Stück des früheren Friedhofes. Beim Kaufvertrag wurde vereinbart, daß die Kirchengemeinde den Saal zu 12 Veranstaltungen im Jahr kostenlos nutzen konnte. Bei Ausschachtungsarbeiten für den Saal fand man auf dem ehemaligen Friedhofsgelände viele menschliche Knochen, die in einem Grab auf dem Friedhof wieder beigesetzt wurden. Es gab auch massive Kritik an die Adresse der Kirchengemeinde wegen des Verkaufs. Eine Familie, die inzwischen nicht mehr in Bell wohnte, befürchtete, daß die Ruhe ihrer toten Vorfahren gestört werden könnte durch den Betrieb in der Gastwirtschaft. Im Februar 1932 zog die ganze Familie Karbach mit Knecht (Freise Friedrich) und Magd (Klara Fensterseifer aus Uhler) ins Küsterhaus. Auch der Wirtshausbetrieb wurde dorthin verlegt. Im Oktober des gleichen Jahres war der Neubau fertiggestellt und Familie und Wirtschaft konnten einziehen. Der Neubau hat damals 30.000 Mark gekostet. Der Stundenlohn für einen Handwerker betrug 33 - 34 Pfennig. Im neubezogenen Haus wurden die etablierten Veranstaltungen fortgeführt. Es kamen neue hinzu, z.T. zeitbedingt. · Theaterabende der Dorfjugend
· Schulweihnachtsfeier
· Gemütliche Abende des Gesangvereins
· Turnübungsstunden und -vorführungen des Turnvereins
· Raiffeisenversammlungen; nach dem Krieg auch die Frauenabende des Raiffeisenvereins (dafür wurden Verzehrbons ausgegeben) mit Unterhaltungsprogramm.
· Singewoche der ev. Kirchengemeinde mit Pfr. Rolffs (die Sängerinnen u. Sänger waren im Dorf einquartiert und wurden bei Karbachs verpflegt)
· Weihnachtsfeiern der Kirchengemeinde
· Parteiversammlungen der NSDAP und aller Unterorganisationen. Dabei hat es einmal eine wüste Schlägerei zwischen Parteianhängern und Fernstehenden aus verschiedenen Dörfern gegeben. Dabei waren blutige Nasen und andere Verletzungen zu verzeichnen. Noch 1944 hielt ein Kriegsverwundeter eine Rede mit Durchhalteparolen. Er beschwor den Endsieg und schilderte die Situation der deutschen Wehrmacht in den rosigsten Farben, während er Material und Ausrüstung der russischen Gegner total schlechtmachte. Ein Beller Fronturlauber (Broune, der später noch fiel) hörte sich die Propagandarede an, schüttelte immer wieder den Kopf und murmelte vor sich hin, so daß die nahebei Sitzenden es hören konnten: „Liener, Liener“! Er traute sich aber nicht aufzustehen und seine Fronterfahrung laut auszusprechen.
· Während des Krieges fanden keine Tanzveranstaltungen statt. Es gab aber sogenannte „Kompanieabende“ d.h. bunte Abende mit den Soldaten der Einquartierung. Im Frühjahr 1940 war ein Thüringer Regiment über längere Zeit in Bell einquartiert. Zu der Zeit fanden solche Unterhaltungsabende statt.
· Nach dem Krieg, zur Zeit der amerikanischen Besatzung diente der Saal als Speisesaal für die amerikanischen Offiziere. Die Feldküche stand in Karbachs Hof. Über den „Beller Markt“ als Dorffest ist an anderer Stelle schon berichtet worden. Hier nur einige Angaben, das Gasthaus Karbach betreffend: Karbachs besaßen ein eigenes Zelt mit Tanzboden. Sie wechselten sich mit der Gastwirtschaft Gaß in der Aufstellung des großen Tanzzeltes ab. In den Jahren, in denen sie nicht das Festzelt stellten, wurde nur ein kleines Bierzelt aufgebaut, in dem die Gäste auch bewirtet wurden. Später war das eigene Zelt für die immer größer werdende Veranstaltung zu klein. Die Firma Steinhauer aus Kastellaun stellte ein sehr viel größeres Zelt auf. Im großen Tanzzelt herrschte früher Weinzwang! Bier gab es nur an der Theke. Diese Sitte hatte sich irgendwann überholt, und es wurde auch Bier sowie andere Erfrischungsgetränke an den Tischen serviert. Die Speisekarte war bis einige Jahre nach dem Krieg noch sehr begrenzt. Es gab lediglich Siedewürstchen mit Brötchen. Zum Heißmachen der Würstchen wurde eigens ein holzgefeuerter Küchenherd auf den Marktplatz transportiert und hinter dem Festzelt aufgestellt. Darauf wurde auch Suppe o.ä. gekocht zur Bewirtung der vielen Helfer. Während des Krieges wurde der Beller Markt nicht gehalten. Er fand 1939 zum letzten Mal statt. 1947 war immer noch kein offizieller Markt - viele junge Männer waren noch in Kriegsgefangenschaft oder vermißt. In diesem Jahr hielt der Sportverein unter der Leitung von Jakob Vogt (Schouerevogts Jäb) eine Ersatzveranstaltung ab. Dazu war in Karbachs und Heinze Davids Hof ein Zelt aufgeschlagen worden. Erst im Jahr 1948 fand wieder der richtige Beller Markt statt. Einige Wochen vorher war die Währungsreform durchgeführt worden; und am 20.6.48 hatte jeder Bürger ein Kopfgeld von DM 40.-- erhalten. Die Wirte befürchteten, daß die Bevölkerung kein Geld zum Feiern hätte. Die Wirte Karbach und Gaß beschlossen daher, ein gemeinsames Festzelt aufzustellen. Ihre Befürchtungen waren grundlos. Es war so viel Betrieb auf dem Beller Markt, daß die Getränke nicht ausreichten. Für den zweiten Tag mußte Wein nachgekauft werden. Seit etwa 1939 betrieb Familie Karbach auch eine Fremdenpension. Die ersten Gäste waren eine Familie Schmitt aus Köln. Zu der Zeit gab es noch kein fließendes Wasser auf den Zimmern. Man begnügte sich mit Waschschüsseln und Wasserkannen aus Porzellan, die auf einen Waschtisch gestellt wurden. Etagentoiletten waren im neuen Haus Karbach schon eingebaut worden. Der Pensionspreis betrug 3,50 - 4,50 Mark pro Person am Tag. Dafür wurden vier Mahlzeiten serviert! Zum Schluß gab es 20 Gästebetten im Haus und natürlich auch fließendes Wasser und Duschen. Weil die nächste Generation das Gasthaus nicht weiterführen wollte, wurde es 1992 verkauft. Inzwischen haben die Besitzer schon wieder gewechselt. Zur Zeit ist das Gasthaus im Besitz von Norbert Barth, es trägt den Namen „Bell Vue“ und ist eine Art Szenelokal mit Musik- und Kleinkunstangeboten überwiegend für die Jugend. In einem solchen Bericht können die schönen Stunden und Ereignisse, die wahrscheinlich jede Dorfbewohnerin und jeder Dorfbewohner an Karbachs erlebte, nicht eingefangen werden. Aber die aufgezeichneten Fakten und Daten sollen nicht verlorengehen, weil sie vielleicht Erinnerungen an solche Erlebnisse wecken können.
Der folgende Stammbaum findet sich in dem Hausbuch, von dem noch die Rede sein wird, aufgeschrieben. Die folgenden Personen waren Besitzer und Betreiber der Gastwirtschaft Karbach. · Thomas Heinzen * um 1730 - ?
· David Boos * 1755 - + 1829, aus Hasselbach
· Heinrich Peter Boos *1797 - + 1863
· Georg Peter Boos *1826 - + 1895
· Friedrich Karbach *1857 - + 1934, aus Uhler
· Fritz Karbach * 1892 - + 1966
· Helmut Karbach *1922 - + 1974
· Inge und Lina Karbach - 1992 Im Jahr 1992 wurde die Gastwirtschaft an H.Schneider aus Büchenbeuren und das Ehepaar Gohlke-Jaenke aus Essen verkauft! Der erste namentlich bekannte Land- und Gastwirt hieß Thomas Heinzen. Hier liegt auch der Ursprung des Hausnamens „Heinze“, der später - unter Friedrich Karbach - zu „Heinze Karbachs“ erweitert wurde, bis zum Schluß nur noch „Karbachs“ übrig blieb. Die Tochter von Thomas Heinzen, Juliana Maria (*1757) heiratete David Boos aus Hasselbach, welcher den Betrieb übernahm. Deren Sohn Heinrich Peter Boos hatte 12 Kinder, von denen 7 am Leben blieben. Für einen der Söhne wurde neben der Wirtschaft ein neues Haus gebaut - mit Stall und Scheune, das zuerst den Hausnamen „Neu-Heinze“ trug und später „Heinze-Davids“ nach dem Vornamen des Besitzers. Heinrich Peter Boos führte ein Hausbuch, welches heute noch im Besitz von Frau Lina Karbach ist. Neben Notizen und Daten über die eigene Familie hat er in diesem Buch vermerkt, wer ihm den „Schobben“ Wein, das „Quart“ Branntwein und die Zehrung schuldig blieb. Oft finden sich neben den rein geschäftlichen Angaben interessante Daten wie z.B. Anlaß und Hintergründe für den Verzehr. Die folgenden Angaben sind aus diesem Buch entnommen, und so wiedergegeben, wie sie dort aufgeschrieben sind: Im Jahr 1837, den 5ten, 6ten und 7ten Apriel fühl in den dreyen Tagen so viel Schnee, so daß man zur Wald, Kraben oder zur Feld weißen anzusehen war auf manchen Plätzen und blieb liegen bis den 16ten, des nachts pfang es wiederum an und gab den anderen Tag als den 17ten so durcheinander Schnee, daß man geglaubt hätte der alten Frau Spirlenlühs würde die Herrschaft wieder in Hände gegeben sein und ihr kindern würden mit Rock und Kamisol verreisen. 1842 den 11ten Okt. Hat Heinrich Weber ein Quard Branndwein holen lassen wie das kleinst Kind gestorben ist. Macht 8 groschen .
13ten Okt. Wie er begraben worden ist, wieder ein Quart Branntwein - 8 gr.
15ten Okt. Wie Weber dem zweiten Sohn gestorben, wieder ein Quart Branndwein
16ten Okt wie er begraben worden ist,wieder ein Quart Branndwein holen lassen - 8 gr. 1843 am 30ten Januar hat Peter Bonni ein Schnäbchen - 6 Pf.
13. März hat Peter Bonni selbst ein Schoben Wein geholt für seine Kuh, die krank war. - 2 gr.
14. März hat seine Frau ein Schoben Wein - 2 gr.
15. März hat seine Frau ein Schoben Wein - 2 gr.
16. März hat Bonni seine Tochter ein Schoben Wein geholt, ebenfalls für die Kuh - 2 gr. 1843 den 17. Dez. hat Heinrich Weber nach dem Peter Wendling seiner Versteigerung ein Schoben Wein - macht 2 gr.
27. Januar hat Heinrich Weber nach des Johann Münch Versteigerung 2 Schoben Wein, macht 4 gr. 1844 den 17ten Juni hat Weber drey Schnäbschen und ein Großen, wie der Bender den Streit hat mit dem Mühler, macht 2gr. 6 Pf. 1844 im Monat April habe ich dem Weber ein Berliener Thaler Baar gelehnet. 20ten Oktober dem Bender Baar gelehnet für Hülig und Handgeld - 2 Thaler
den nämlichen Dato vier Quart Wein abgeholt - 24 gr. 1844 den 12ten Nov. Hat Bender ein und einhalb Quart Brandwein abgeholt, wie er seine Braut gewandert hat - macht 8 gr. 1846 14ten May ist Bender bei dem Protokoll zu verhandeln schuldig geblieben drey Quart Wein - macht 18 gr.
Den nehmlichen dato drey Schnäbchen - macht 1 gr. 6 Pf.
13ten Sept. ist Bender ein Glas Brandwein schuldig geblieben wie seine Frau ihn so
geschenntt hat hindig meiner Schouer - 6Pf.
19ten Okt. Ist Bender an Brandwein schuldig geblieben durch den Geise-Handel und
Dem Gräf seine Schweine. Da Bender die Geis dem Schuhllehrer wieder zurück gegeben hat mithin ist auch dem Bender den ganzen Weinkauf - 1 gr. 3 Pf.
21. Dez. habe ich dem Peter Bender 1 Thaler gelehnet wie er mich belog hat er ging uff Mains. 1855 den 20ten Febr. Ist der Pastor von Leffelschied auf die Negel Schuldig geblieben 2 gr. Dann hat derselbe ein Pfund Brod sich geben lassen - 1 gr. 3 Pf
dann hat derselbe 2 Schnäbchen macht aus 1 gr. 2 Pf; Schlafgeld 1 gr. Hier ist nur eine kleine Auswahl der Eintragungen, die am interessantesten erschienen, aufgeführt! Das Gasthaus mit dem Hausnamen „Heinze“ war für damalige Verhältnisse geräumig. (es existieren Bilder, Federzeichnungen und Postkarten des alten Gasthauses). Im unteren Stockwerk lag links vom Eingang die „Weertsstuh“, dahinter die „Wohnstuh“. Rechts vom Eingang war die Küche. Im Obergeschoß befand sich über der Küche ein Fremdenzimmer - die sogenannte „Schmiddestuh“ (es wird angenommen, daß sich darunter - wo später die Küche war - einmal eine Schmiede befand). Über der Weertsstuh war die „Oushaltsstuh“ - das größte Zimmer im Haus. Dahinter lagen die Schlafzimmer für die übrige Familie und das Gesinde. Ebenfalls auf der oberen Etage, und zwar nach hinten zum Hof über dem „Fremdenstall“, war der Saal, zum Teil auf Pfeilern gebaut (über dem Eingang zum „Fremdenstall).Vom Hof aus gab es einen Zugang zum Fremdenstall. Dort übernachtete häufig fahrendes Volk, Bärenführer mit ihren Tanzbären; einmal auch ein Mann, der mit seinem Kamel über die Dörfer zog. Die Weertsstuh war wie folgt eingerichtet: Es gab eine kleine Theke, einen Eckschrank für Gläser und die „Viertelkkrüge“. An der Wand war ein Zapfenbrett für die Henkelgläser. Zur Einrichtung gehörte ein Sofa, eine Eckbank, Tische, ein Ofen und ein Klavier. In der Mitte des Raumes befand sich ein Stützpfeiler, der später beim Scheunenanbau Verwendung fand. An den Fenstern waren Vorhänge, die sich durch einen Zug auf Holzrollen aufwickeln ließen. An einer Wand hing ein Bild der Königin Luise mit folgender Unterschrift: „Wer nie sein Brot mit Tränen aß und nie die kummervollen Nächte auf seinem Bette weinend saß, der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte“. (Dieses Bild hing im neuen Haus auf dem Speicher und ist seit dem Umzug der Familie nicht mehr auffindbar.) Seinen Wein bezog der jeweilige Wirt direkt vom Winzer, hauptsächlich von der Mosel. Er fuhr mit Pferd und Wagen an die Mosel und brachte den Wein in Holzfässern nach Hause, die im Keller des Wirtshauses gelagert wurden Veranstaltungen, die regelmäßig im alten Wirtshaus stattfanden, waren: Tanzveranstaltungen „Musik“ an den 2. Feiertagen (Ostern und Weihnachten)Pfingsten war keine „Musik“ wegen der Kastellauner Kirmes, zu der die Beller Dorfjugend ging. Zum Tanz spielten auf Musikanten aus Schnellbach (z.B. die Brüder Adrat) und aus Sevenich. An Erntedankfest wurde auch Tanzmusik abgehalten. Landversteigerungen: Bei diesen Landversteigerungen wurde sehr viel Umsatz gemacht. Der Versteigerer spendierte schon vor Beginn der Versteigerung, bevor der Notar eintraf, ordentlich Branntwein und Wein, damit die Bieter nicht kleinlich waren beim Bieten für das „aufgesteckte“ Stück Land. Versteigerungen waren große Ereignisse für die männliche Bevölkerung des Dorfes. Holzversteigerungen wurden ebenfalls in der Gastwirtschaft durchgeführt. Nachdem Lage und Nummern der zu versteigernden Holzstöße bekanntgegeben worden waren, besichtigten die Bauern das Holz, um Qualität und günstige Abfuhrmöglichkeit zu überprüfen. Anschließend fand zu einem festgesetzten Termin die Versteigerung statt. Zu Versteigerungen kamen auch Menschen aus anderen Dörfern. Versammlungen verschiedener Vereine (Kriegerverein, Bauernverein usw.). Im Jahr 1932 ließ Fritz Karbach, der damalige Besitzer das alte Gebäude abreißen und baute ein neues. Um einen größeren Saal bauen zu können, kaufte er von der evangelischen Kirchengemeinde ein Stück des früheren Friedhofes. Beim Kaufvertrag wurde vereinbart, daß die Kirchengemeinde den Saal zu 12 Veranstaltungen im Jahr kostenlos nutzen konnte. Bei Ausschachtungsarbeiten für den Saal fand man auf dem ehemaligen Friedhofsgelände viele menschliche Knochen, die in einem Grab auf dem Friedhof wieder beigesetzt wurden. Es gab auch massive Kritik an die Adresse der Kirchengemeinde wegen des Verkaufs. Eine Familie, die inzwischen nicht mehr in Bell wohnte, befürchtete, daß die Ruhe ihrer toten Vorfahren gestört werden könnte durch den Betrieb in der Gastwirtschaft. Im Februar 1932 zog die ganze Familie Karbach mit Knecht (Freise Friedrich) und Magd (Klara Fensterseifer aus Uhler) ins Küsterhaus. Auch der Wirtshausbetrieb wurde dorthin verlegt. Im Oktober des gleichen Jahres war der Neubau fertiggestellt und Familie und Wirtschaft konnten einziehen. Der Neubau hat damals 30.000 Mark gekostet. Der Stundenlohn für einen Handwerker betrug 33 - 34 Pfennig. Im neubezogenen Haus wurden die etablierten Veranstaltungen fortgeführt. Es kamen neue hinzu, z.T. zeitbedingt. · Theaterabende der Dorfjugend
· Schulweihnachtsfeier
· Gemütliche Abende des Gesangvereins
· Turnübungsstunden und -vorführungen des Turnvereins
· Raiffeisenversammlungen; nach dem Krieg auch die Frauenabende des Raiffeisenvereins (dafür wurden Verzehrbons ausgegeben) mit Unterhaltungsprogramm.
· Singewoche der ev. Kirchengemeinde mit Pfr. Rolffs (die Sängerinnen u. Sänger waren im Dorf einquartiert und wurden bei Karbachs verpflegt)
· Weihnachtsfeiern der Kirchengemeinde
· Parteiversammlungen der NSDAP und aller Unterorganisationen. Dabei hat es einmal eine wüste Schlägerei zwischen Parteianhängern und Fernstehenden aus verschiedenen Dörfern gegeben. Dabei waren blutige Nasen und andere Verletzungen zu verzeichnen. Noch 1944 hielt ein Kriegsverwundeter eine Rede mit Durchhalteparolen. Er beschwor den Endsieg und schilderte die Situation der deutschen Wehrmacht in den rosigsten Farben, während er Material und Ausrüstung der russischen Gegner total schlechtmachte. Ein Beller Fronturlauber (Broune, der später noch fiel) hörte sich die Propagandarede an, schüttelte immer wieder den Kopf und murmelte vor sich hin, so daß die nahebei Sitzenden es hören konnten: „Liener, Liener“! Er traute sich aber nicht aufzustehen und seine Fronterfahrung laut auszusprechen.
· Während des Krieges fanden keine Tanzveranstaltungen statt. Es gab aber sogenannte „Kompanieabende“ d.h. bunte Abende mit den Soldaten der Einquartierung. Im Frühjahr 1940 war ein Thüringer Regiment über längere Zeit in Bell einquartiert. Zu der Zeit fanden solche Unterhaltungsabende statt.
· Nach dem Krieg, zur Zeit der amerikanischen Besatzung diente der Saal als Speisesaal für die amerikanischen Offiziere. Die Feldküche stand in Karbachs Hof. Über den „Beller Markt“ als Dorffest ist an anderer Stelle schon berichtet worden. Hier nur einige Angaben, das Gasthaus Karbach betreffend: Karbachs besaßen ein eigenes Zelt mit Tanzboden. Sie wechselten sich mit der Gastwirtschaft Gaß in der Aufstellung des großen Tanzzeltes ab. In den Jahren, in denen sie nicht das Festzelt stellten, wurde nur ein kleines Bierzelt aufgebaut, in dem die Gäste auch bewirtet wurden. Später war das eigene Zelt für die immer größer werdende Veranstaltung zu klein. Die Firma Steinhauer aus Kastellaun stellte ein sehr viel größeres Zelt auf. Im großen Tanzzelt herrschte früher Weinzwang! Bier gab es nur an der Theke. Diese Sitte hatte sich irgendwann überholt, und es wurde auch Bier sowie andere Erfrischungsgetränke an den Tischen serviert. Die Speisekarte war bis einige Jahre nach dem Krieg noch sehr begrenzt. Es gab lediglich Siedewürstchen mit Brötchen. Zum Heißmachen der Würstchen wurde eigens ein holzgefeuerter Küchenherd auf den Marktplatz transportiert und hinter dem Festzelt aufgestellt. Darauf wurde auch Suppe o.ä. gekocht zur Bewirtung der vielen Helfer. Während des Krieges wurde der Beller Markt nicht gehalten. Er fand 1939 zum letzten Mal statt. 1947 war immer noch kein offizieller Markt - viele junge Männer waren noch in Kriegsgefangenschaft oder vermißt. In diesem Jahr hielt der Sportverein unter der Leitung von Jakob Vogt (Schouerevogts Jäb) eine Ersatzveranstaltung ab. Dazu war in Karbachs und Heinze Davids Hof ein Zelt aufgeschlagen worden. Erst im Jahr 1948 fand wieder der richtige Beller Markt statt. Einige Wochen vorher war die Währungsreform durchgeführt worden; und am 20.6.48 hatte jeder Bürger ein Kopfgeld von DM 40.-- erhalten. Die Wirte befürchteten, daß die Bevölkerung kein Geld zum Feiern hätte. Die Wirte Karbach und Gaß beschlossen daher, ein gemeinsames Festzelt aufzustellen. Ihre Befürchtungen waren grundlos. Es war so viel Betrieb auf dem Beller Markt, daß die Getränke nicht ausreichten. Für den zweiten Tag mußte Wein nachgekauft werden. Seit etwa 1939 betrieb Familie Karbach auch eine Fremdenpension. Die ersten Gäste waren eine Familie Schmitt aus Köln. Zu der Zeit gab es noch kein fließendes Wasser auf den Zimmern. Man begnügte sich mit Waschschüsseln und Wasserkannen aus Porzellan, die auf einen Waschtisch gestellt wurden. Etagentoiletten waren im neuen Haus Karbach schon eingebaut worden. Der Pensionspreis betrug 3,50 - 4,50 Mark pro Person am Tag. Dafür wurden vier Mahlzeiten serviert! Zum Schluß gab es 20 Gästebetten im Haus und natürlich auch fließendes Wasser und Duschen. Weil die nächste Generation das Gasthaus nicht weiterführen wollte, wurde es 1992 verkauft. Inzwischen haben die Besitzer schon wieder gewechselt. Zur Zeit ist das Gasthaus im Besitz von Norbert Barth, es trägt den Namen „Bell Vue“ und ist eine Art Szenelokal mit Musik- und Kleinkunstangeboten überwiegend für die Jugend. In einem solchen Bericht können die schönen Stunden und Ereignisse, die wahrscheinlich jede Dorfbewohnerin und jeder Dorfbewohner an Karbachs erlebte, nicht eingefangen werden. Aber die aufgezeichneten Fakten und Daten sollen nicht verlorengehen, weil sie vielleicht Erinnerungen an solche Erlebnisse wecken können.